Kleines Resümee
Diese Saison
verlief eigentlich alles andere als perfekt. Viele Verletzte, viele
Niederlagen, wenig Konstanz. Es war sogar über Don Jackson diskutiert worden,
weil drei oder vier Spiele in Folge kein Sieg kommen wollte. Mein erstes Spiel
war die 0:5 Euro-Trophy-Niederlage gegen Salzburg mit unserem Ex, Pierre Page.
Da hat sich ein Thema schon abgezeichnet, was uns die ganze Saison über
begleitet hat. Wir haben ordentlich Dampf gemacht, Superchancen gehabt, aber zu
wenig davon rein gemacht. Gegen Salzburg sogar nichts.
Aber schon
am Ende der Hauptrunde gab es eine Nummer Eins. Und die hieß Eisbären. Zwar
nicht so souverän, wie zum Beispiel in 2010. Aber dass das nicht immer wichtig
ist, weiß jeder, der die Playoffs in 2010 noch in Erinnerung hat. Damals sind
die Eisbären trotz Hundertpaarundzwanzig Vorrundenpunkten und Riesenabstand zum
Zweiplatzierten in der ersten Playoff-Runde gegen Augsburg ausgeschieden. Der
Abstand war so groß, dass ich schon gar nicht mehr weiß, wer Zweiter war.
So kam es
auch, dass man dieses Jahr ziemlich unsicher war, was von den Eisbären in den
Playoffs zu erwarten ist. Halbfinale habe ich ihnen schon zugetraut. Aber
Finale oder gar die Meisterschaft ? Mmmmh…
-Die Playoffs kamen. Mit den Playoffs kamen die Kölner Haie. Und genauso
schnell, wie sie da waren, waren sie auch wieder weg. Irgendwie erinnere ich
mich kaum noch daran. Vielleicht liegt es daran, dass sich meine Hirnwindungen
langsam wie das Waschmaschinenrohr in der Calgon-Werbung mit Kalk umschliessen.
Vielleicht ist der Grund aber auch, dass Köln kein echter Prüfstein war und,
dass die Spiele ohne viele Höhepunkte ratz fatz gewonnen waren.
Danach kam
ein bayrisches Dorf mit Autobahnanschluss und mit großer Euphorie. Dieses Dorf
mit etwa so vielen Einwohnern, wie im Edeka bei uns um die Ecke, hatte gerade
einen der Meisterschaftsfavoriten eindrucksvoll raus geworfen, den VfL
Wolfsburg. Manche sagen auch Grizzly Adams, Kenner der Szene liebevoll
Müllabfuhr.
Unsere
bayrischen Ureinwohner dachten nun, dass Cinderella direkt in Niederbayern
geschrieben wurde, dass nun drei Haselnüsse auf sie raufpurzeln und, dass sie
das Halbfinale gegen uns gewinnen. Aber die Haselnüsse sind wohl diesmal eher
auf Barry Brust gefallen, dem danach so viele Haare im Gesicht gewachsen sind,
dass man ihm die Rolle des Chewbacca im nächsten Star Wars-Movie anbieten wird.
Er hat es seinen Fans, die regelmäßig in Facebook und anderswo ausgetickt sind,
auf dem Spielfeld nach gemacht. Hat aber letzten Endes nicht so viel gebracht.
Barry Frusty durfte weitaus früher unter die letzte Saisondusche, als die bösen
Berliner und als ihm lieb war. Vorbei war die niederbayrische Euphorie.
Halt, nicht
ganz. In Facebook kam noch ein trotziges „So, aber das Finale gewinnt
Mannheim“. Die Berliner Standardantwort dafür ist „Träum weiter“. Mal abgesehen
davon, dass unsere Donau-Tiger auch nicht so viel davon gehabt hätten, wenn
Mannheim Meister geworden wäre. Sie durften ja nicht mal zum Verlieren gegen
sie antreten.
Ja, und dann
kam das große Finale. Die Tageszeitungen nannten es gerne „Duell der Giganten“.
Nicht zu Unrecht, wie sich am Ende herausstellen sollte. Das erste Spiel war
noch so etwas wie Eisschach mit größeren Vorteilen für Berlin. Spiel Zwei und
Drei durfte ich leider nur aus der Ferne verfolgen. Und prompt ging das in die
Hose. Nach Spiel Drei dachte ich, dass war’s. Alle Statistiken sprachen nun
gegen uns. Hatte im Ticker von der fünfminütigen Überzahl gelesen und war
erstmal sauer darüber. Dies war sicherlich spielentscheidend. Allerdings war da
auch wieder unser genetisch programmiertes Problem, etwa 50 Mal auf’s Tor
schiessen zu müssen, bis Einer rein geht.
Am Sonntag,
den 22. April 2012, saß ich dann wieder vorm Ticker, diesmal jedoch zu Hause.
Ich wollte mich dem Schicksal fügen und wenigstens noch ein bisschen beim
letzten Saisonspiel meiner Mannschaft dabei sein. Ein winziger Funke Hoffnung
war zwar immer da. Aber wie gesagt, winzig. Und erstmal kam alles so wie
erwartet. Als es 5:2 stand, bin ich Abendbrot essen gegangen und habe den Ticker
allein vor sich hin ticken lassen. Danach ging ich wieder zu ihm zurück und es
Stand 5:5 – dritte Pause. Ich habe meinen Augen nicht getraut. Nachdem ich mich
halbwegs gefangen hatte, dachte ich, jetzt braucht sich kein Mensch mehr
schämen, wenn wir nach Verlängerung verlieren. Das wäre ein würdiger Abschied
gewesen. War es auch. Allerdings für Mannheim, die jäh aus allen Titelträumen
gerissen wurden – 5:6 nach Verlängerung für Berlin. Die Schlagzeile, die wohl
am besten auf die Situation gepasst hat, war „Ganz Mannheim weint“. Allerdings
gab es eine wesentlich größere Stadt, die sich noch mehr gefreut hat, als sich
Mannheim je wird ärgern können. Und deren Bewohner haben schnell versucht,
Tickets für das fünfte Spiel zu ergattern.
Und das hat
sich sehr gelohnt. Denn trotz großer Nervosität haben die Eisbären wie immer
eine über die Spieldauer exponentiell steigende Leistungskurve hingelegt.
Besonders zu erwähnen wären in diesem Spiel nur die Schiris. Da sie sich auf
die weidmännische Beobachtung des Jagdreviers festgelegt hatten, habe ich auf
dem Eis streckenweise gewisse Ähnlichkeiten mit Klitschko-Veranstaltungen
erkannt. Über die zwei Strafminuten 2:45 min vor Schluss musste man schon fast
lachen. War wohl mehr dafür, dass das FBI nicht bei einem ihrer Rastersuchläufe
auf diese Unregelmäßigkeit stößt und die Schiris dafür nach Abu-Ghreib
verbannt.
In einigen
Zeitungen aus der Rhein-Neckar-Region war die Rede davon, dass Mannheim die
insgesamt bessere Mannschaft war. Alle Spiele zusammen genommen sah es so aus:
es gab nur ein Spiel, den 4:1 Sieg der Mannheimer im zweiten Spiel, in dem
Mannheim wesentlich mehr Torschüsse hatte, als die Eisbären. In drei Spielen
waren die Eisbären klar vorne, in einem war es ausgeglichen (fünftes Spiel).
Egal, wie man in Mannheim die Statistiken interpretiert: dieses Jahr wird
Mannheim nicht mehr Meister werden.
Doch, da ist
noch etwas Erwähnenswertes zum letzten Spiel: die Eisbären-Fans haben am Ende
den Vizemeister mit „Adler Mannheim“-Gesängen gewürdigt. Das ist deswegen
erwähnenswert, weil es andersrum in Mannheim oder Straubing so nie passiert
wäre. Das unterscheidet Eisbären-Fans von allen anderen in der Liga. Wenn mich
jemand vom Gegenteil überzeugen kann, würde ich mich sehr darüber freuen.
–Freddy Brathwaite hat sich mit Schlägerklatschen für diese Geste bedankt. Aus
meiner Sicht ein großer Charakterzug in einer für ihn sehr schweren Stunde.
Insgesamt es
stimmt natürlich auch, dass allein tanzen nicht so viel Spaß macht. Auch
Mannheim hatte einen großen Anteil an diesem geilen Herzschlag-Finale. Großen
Dank dafür!
Nach der
ersten Meisterschaft – auch gegen Mannheim – war das für mich die zweitschönste.
Sogar das Bier hat am zweitschönsten geschmeckt. Und es war der Titel mit der
besten Dramaturgie. Danke Eisbären für einen der geilsten Saisonabschlüsse.
Einen Tag
nach uns ist unser Namensvetter aus Moskau Meister geworden. Im siebten Spiel gegen
Avangard Omsk – nach 3:1 Spielen Rückstand. Wenn man auf Youtube Spiel 6 in
Moskau ansieht, hört man an einer Stelle das Eisbärenlied auf Russisch.
Was will uns
der Künstler damit sagen: Dynamo ist nicht nur in der O2-World oder beim
Apres-Ski in St. Anton geil, sondern auch im Mutterland des Frostes. Vermutlich
feiern sogar die eishockeyverrückten Indios auf Galapagos und die Stämme
Papua-Neuguineas mit den Phudys ihre Parties.
Blau-weiß-rot olé und schönen Sommer
Sehr gut geschrieben. Danke Krutow... ;-)
AntwortenLöschenIch denke, dem Resümee ist nichts hinzuzufügen!
AntwortenLöschenAlles in allem war es eine der besten Finalserien der letzten Jahre und diese hätte auch in den Adler Mannheim einen verdienten Sieger gefunden!
Dennoch, wenn man den Saisonverlauf und die Verletztenliste der Eisbären betrachtet, ist diese 6. Meisterschaft mehr als verdient. Hut ab vor Spielers wie Supis, Schlenker, etc. die Spieler wie Pederson, Ustorf, Rankel, etc. ersetzen konnten (na ja ersetzen kann man diese Spieler ja eigentlich gar nicht)!
Ebenso Hut ab vor der bereits erwähnten Geste der Bärenfans nach dem Finale - auch ich hätte mir nie vorstellen können einmal "Adler Mannheim" zu rufen, aber nach diesne Finalspielen sollte auch dem Gegener der entsprechende Respekt gezollt werden.
So, jetzt gehts mit einem breiten Rekordmeistagrinsen ab in die Sommerpause!