Samstag, 28. April 2012


Kleines Resümee


Diese Saison verlief eigentlich alles andere als perfekt. Viele Verletzte, viele Niederlagen, wenig Konstanz. Es war sogar über Don Jackson diskutiert worden, weil drei oder vier Spiele in Folge kein Sieg kommen wollte. Mein erstes Spiel war die 0:5 Euro-Trophy-Niederlage gegen Salzburg mit unserem Ex, Pierre Page. Da hat sich ein Thema schon abgezeichnet, was uns die ganze Saison über begleitet hat. Wir haben ordentlich Dampf gemacht, Superchancen gehabt, aber zu wenig davon rein gemacht. Gegen Salzburg sogar nichts.

Aber schon am Ende der Hauptrunde gab es eine Nummer Eins. Und die hieß Eisbären. Zwar nicht so souverän, wie zum Beispiel in 2010. Aber dass das nicht immer wichtig ist, weiß jeder, der die Playoffs in 2010 noch in Erinnerung hat. Damals sind die Eisbären trotz Hundertpaarundzwanzig Vorrundenpunkten und Riesenabstand zum Zweiplatzierten in der ersten Playoff-Runde gegen Augsburg ausgeschieden. Der Abstand war so groß, dass ich schon gar nicht mehr weiß, wer Zweiter war.

So kam es auch, dass man dieses Jahr ziemlich unsicher war, was von den Eisbären in den Playoffs zu erwarten ist. Halbfinale habe ich ihnen schon zugetraut. Aber Finale oder gar die Meisterschaft ? Mmmmh…  -Die Playoffs kamen. Mit den Playoffs kamen die Kölner Haie. Und genauso schnell, wie sie da waren, waren sie auch wieder weg. Irgendwie erinnere ich mich kaum noch daran. Vielleicht liegt es daran, dass sich meine Hirnwindungen langsam wie das Waschmaschinenrohr in der Calgon-Werbung mit Kalk umschliessen. Vielleicht ist der Grund aber auch, dass Köln kein echter Prüfstein war und, dass die Spiele ohne viele Höhepunkte ratz fatz gewonnen waren.

Danach kam ein bayrisches Dorf mit Autobahnanschluss und mit großer Euphorie. Dieses Dorf mit etwa so vielen Einwohnern, wie im Edeka bei uns um die Ecke, hatte gerade einen der Meisterschaftsfavoriten eindrucksvoll raus geworfen, den VfL Wolfsburg. Manche sagen auch Grizzly Adams, Kenner der Szene liebevoll Müllabfuhr.

Unsere bayrischen Ureinwohner dachten nun, dass Cinderella direkt in Niederbayern geschrieben wurde, dass nun drei Haselnüsse auf sie raufpurzeln und, dass sie das Halbfinale gegen uns gewinnen. Aber die Haselnüsse sind wohl diesmal eher auf Barry Brust gefallen, dem danach so viele Haare im Gesicht gewachsen sind, dass man ihm die Rolle des Chewbacca im nächsten Star Wars-Movie anbieten wird. Er hat es seinen Fans, die regelmäßig in Facebook und anderswo ausgetickt sind, auf dem Spielfeld nach gemacht. Hat aber letzten Endes nicht so viel gebracht. Barry Frusty durfte weitaus früher unter die letzte Saisondusche, als die bösen Berliner und als ihm lieb war. Vorbei war die niederbayrische Euphorie.

Halt, nicht ganz. In Facebook kam noch ein trotziges „So, aber das Finale gewinnt Mannheim“. Die Berliner Standardantwort dafür ist „Träum weiter“. Mal abgesehen davon, dass unsere Donau-Tiger auch nicht so viel davon gehabt hätten, wenn Mannheim Meister geworden wäre. Sie durften ja nicht mal zum Verlieren gegen sie antreten.

Ja, und dann kam das große Finale. Die Tageszeitungen nannten es gerne „Duell der Giganten“. Nicht zu Unrecht, wie sich am Ende herausstellen sollte. Das erste Spiel war noch so etwas wie Eisschach mit größeren Vorteilen für Berlin. Spiel Zwei und Drei durfte ich leider nur aus der Ferne verfolgen. Und prompt ging das in die Hose. Nach Spiel Drei dachte ich, dass war’s. Alle Statistiken sprachen nun gegen uns. Hatte im Ticker von der fünfminütigen Überzahl gelesen und war erstmal sauer darüber. Dies war sicherlich spielentscheidend. Allerdings war da auch wieder unser genetisch programmiertes Problem, etwa 50 Mal auf’s Tor schiessen zu müssen, bis Einer rein geht.

Am Sonntag, den 22. April 2012, saß ich dann wieder vorm Ticker, diesmal jedoch zu Hause. Ich wollte mich dem Schicksal fügen und wenigstens noch ein bisschen beim letzten Saisonspiel meiner Mannschaft dabei sein. Ein winziger Funke Hoffnung war zwar immer da. Aber wie gesagt, winzig. Und erstmal kam alles so wie erwartet. Als es 5:2 stand, bin ich Abendbrot essen gegangen und habe den Ticker allein vor sich hin ticken lassen. Danach ging ich wieder zu ihm zurück und es Stand 5:5 – dritte Pause. Ich habe meinen Augen nicht getraut. Nachdem ich mich halbwegs gefangen hatte, dachte ich, jetzt braucht sich kein Mensch mehr schämen, wenn wir nach Verlängerung verlieren. Das wäre ein würdiger Abschied gewesen. War es auch. Allerdings für Mannheim, die jäh aus allen Titelträumen gerissen wurden – 5:6 nach Verlängerung für Berlin. Die Schlagzeile, die wohl am besten auf die Situation gepasst hat, war „Ganz Mannheim weint“. Allerdings gab es eine wesentlich größere Stadt, die sich noch mehr gefreut hat, als sich Mannheim je wird ärgern können. Und deren Bewohner haben schnell versucht, Tickets für das fünfte Spiel zu ergattern.

Und das hat sich sehr gelohnt. Denn trotz großer Nervosität haben die Eisbären wie immer eine über die Spieldauer exponentiell steigende Leistungskurve hingelegt. Besonders zu erwähnen wären in diesem Spiel nur die Schiris. Da sie sich auf die weidmännische Beobachtung des Jagdreviers festgelegt hatten, habe ich auf dem Eis streckenweise gewisse Ähnlichkeiten mit Klitschko-Veranstaltungen erkannt. Über die zwei Strafminuten 2:45 min vor Schluss musste man schon fast lachen. War wohl mehr dafür, dass das FBI nicht bei einem ihrer Rastersuchläufe auf diese Unregelmäßigkeit stößt und die Schiris dafür nach Abu-Ghreib verbannt.

In einigen Zeitungen aus der Rhein-Neckar-Region war die Rede davon, dass Mannheim die insgesamt bessere Mannschaft war. Alle Spiele zusammen genommen sah es so aus: es gab nur ein Spiel, den 4:1 Sieg der Mannheimer im zweiten Spiel, in dem Mannheim wesentlich mehr Torschüsse hatte, als die Eisbären. In drei Spielen waren die Eisbären klar vorne, in einem war es ausgeglichen (fünftes Spiel). Egal, wie man in Mannheim die Statistiken interpretiert: dieses Jahr wird Mannheim nicht mehr Meister werden.  

Doch, da ist noch etwas Erwähnenswertes zum letzten Spiel: die Eisbären-Fans haben am Ende den Vizemeister mit „Adler Mannheim“-Gesängen gewürdigt. Das ist deswegen erwähnenswert, weil es andersrum in Mannheim oder Straubing so nie passiert wäre. Das unterscheidet Eisbären-Fans von allen anderen in der Liga. Wenn mich jemand vom Gegenteil überzeugen kann, würde ich mich sehr darüber freuen. –Freddy Brathwaite hat sich mit Schlägerklatschen für diese Geste bedankt. Aus meiner Sicht ein großer Charakterzug in einer für ihn sehr schweren Stunde.

Insgesamt es stimmt natürlich auch, dass allein tanzen nicht so viel Spaß macht. Auch Mannheim hatte einen großen Anteil an diesem geilen Herzschlag-Finale. Großen Dank dafür!

Nach der ersten Meisterschaft – auch gegen Mannheim – war das für mich die zweitschönste. Sogar das Bier hat am zweitschönsten geschmeckt. Und es war der Titel mit der besten Dramaturgie. Danke Eisbären für einen der geilsten Saisonabschlüsse. 

Einen Tag nach uns ist unser Namensvetter aus Moskau Meister geworden. Im siebten Spiel gegen Avangard Omsk – nach 3:1 Spielen Rückstand. Wenn man auf Youtube Spiel 6 in Moskau ansieht, hört man an einer Stelle das Eisbärenlied auf Russisch.

Was will uns der Künstler damit sagen: Dynamo ist nicht nur in der O2-World oder beim Apres-Ski in St. Anton geil, sondern auch im Mutterland des Frostes. Vermutlich feiern sogar die eishockeyverrückten Indios auf Galapagos und die Stämme Papua-Neuguineas mit den Phudys ihre Parties.

Blau-weiß-rot olé und schönen Sommer

2 Kommentare:

  1. Sehr gut geschrieben. Danke Krutow... ;-)

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  2. Ich denke, dem Resümee ist nichts hinzuzufügen!

    Alles in allem war es eine der besten Finalserien der letzten Jahre und diese hätte auch in den Adler Mannheim einen verdienten Sieger gefunden!

    Dennoch, wenn man den Saisonverlauf und die Verletztenliste der Eisbären betrachtet, ist diese 6. Meisterschaft mehr als verdient. Hut ab vor Spielers wie Supis, Schlenker, etc. die Spieler wie Pederson, Ustorf, Rankel, etc. ersetzen konnten (na ja ersetzen kann man diese Spieler ja eigentlich gar nicht)!

    Ebenso Hut ab vor der bereits erwähnten Geste der Bärenfans nach dem Finale - auch ich hätte mir nie vorstellen können einmal "Adler Mannheim" zu rufen, aber nach diesne Finalspielen sollte auch dem Gegener der entsprechende Respekt gezollt werden.

    So, jetzt gehts mit einem breiten Rekordmeistagrinsen ab in die Sommerpause!

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